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10 Jahre! Mein runder #Twitter-Geburtstag

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Ich will‘s gar nicht lang machen – aber eine Erwähnung ist es schon wert: Ich hab‘ Geburtstag – also: Twitter-Geburtstag. Was auch noch nicht wichtig wäre, aber: Es ist der zehnte.

Genauer: Mein Alter Ego @kirscheplotzer feiert diesen Geburtsag. Etwas rumpelig rief er damals in die Welt: „I‘m doing news“. Das ist weder stilistisch noch inhaltlich sehr filigran, aber wer hätte damals schon ahnen können, dass da ein Jahrzehnt später nochmal jemand nachguckt in diesem Twitter-Ding. An den Moment erinnere ich mich allerdings noch gut, warum auch immer: Es war ein Sommertag im Sommerloch des Jahres 2007. Der @ripanti hatte mir kurz zuvor prophezeit: „Dieses Twitter, das ist genau Dein Ding.“ Also habe ich es mal ausprobiert, zwischen zwei Meldungen am Nachrichtenplatz bei RNF – weil ich ohnehin gerade dabei war, mich in die ungeschriebenen Gesetze des noch jungen Web 2.0 einzuarbeiten. Wir arbeiteten am Relaunch unserer Website, irgendwas Interaktives sollte es werden, am besten mit einer Community. Wir reden von der Zeit vor Facebook in Deutschland, vor der WKW-Welle, vor so ziemlich allem. Also: Twitter.

Wie viele waren wir da im Jahr 2007 in der deutschen Blase? 500? 1.500? 2.000? Nachdem ich 300 Leuten gefolgt war, hatte ich das Gefühl, so ziemlich jeden im deutschen Social Web zu kennen. In den Followerlisten der anderen tauchten fast keine neuen Leute mehr auf. Folgte nicht eh erstmal jeder jedem, um überhaupt ein bisschen Traffic in der Timeline zu bekommen? User mit 500 Followern waren A-Twitterer. Ich lernte Menschen kennen, deren Leben ich seither in der Filterung, die sie selbst wählen, mitbekomme. Die einen sind offener, emotional, andere verschlossener, sachbezogener. Ich habe Eheschließungen miterlebt, Scheidungen, Umzüge, Geburten, Todesfälle. Und alles dazwischen.

Am Anfang haben wir selbstreferenziell darüber diskutiert, wozu das Ding gut sein könnte mit seinen 140 Zeichen. Wir haben Hashtags benutzt, als sie noch nicht klickbar waren. Kannten keine Bilder, dafür den Failwhale. Wir haben uns kennenlernen wollen, haben Twitterlesungen besucht. Wenn im Fernsehen einer „Twitter“ sagte, haben wir „Er hat Twitter gesagt!“ gepostet. Alle.

Alles danach – geschenkt. Wisst Ihr selbst. Die Entdeckung Twitters durch die Massenmedien. Twitter als Linkschleuder, als Informationsvermittler, Favstar, das Flugzeug im Hudson, Shitstorms, Hatespeech, München, Trump.

Müsste ich mich heute neu darin zurechtfinden – ich weiß nicht, ob ich die Faszination spüren würde. Für mich bietet Twitter heute noch immer die ideale Kombination aus persönlichen Kontakten und Nachrichtenticker – weil „die Leute von früher“ immer noch dabei sind. Viele jedenfalls. In Phasen, in denen ich für Social Media schlichtweg keine Zeit mehr habe – Twitter passt immer noch irgendwie rein. Muss auch.

Denn inzwischen hat sich das durchgesetzt, was ich in den ersten Tagen antizipierte: Twitter als ideale Plattform für Ad-hoc-Nachrichten. Polizeidienststellen, Behörden, Pressestellen – sie alle nutzen Twitter, um Erstinformationen in die Welt zu pusten. Willst du journalistisch auf der Höhe bleiben – ganz ehrlich – ohne Twitter geht‘s nicht mehr. Ein Tweetdeck im RNF-Redaktionsgroßraum unterschiedlich konfigurierten Listen hilft uns inzwischen, den Überblick über das regionale Geschehen, Alarmmeldungen der Polizei und die Veröffentlichungen anderer Medien zu bewahren. Das funktioniert mit Twitter besser als mit jeder anderen Plattform.

Als sich die Professionalisierung Twitters abzuzeichnen begann – für mich war‘s 2011 – habe ich mir ein zweites Account zugelegt, @ralphkuehnl, das ich vor allem für die Vernetzung innerhalb der Medienwelt nutze. Denn: Welche Pressestelle will schon mit einem Stück Kuchen kommunizieren?